KS Original

Alte Strukturen, neue Ideen

Als Mauerwerk mit besonders vorteilhaftem Verhalten im Brandfall hat sich Kalksandstein seit Jahrzehnten bewährt: Der weiße Stein ist aufgrund seiner Herstellung und Zusammensetzung nichtbrennbar, in die Brandverhaltensklasse A1 eingestuft und besticht hinsichtlich der Tragfähigkeit, der Standsicherheit sowie des Raumabschlusses bei Bränden. Denn dann wird zunächst freies und gebundenes Kristallwasser im Stein verbraucht, bevor seine Struktur angegriffen wird. Durch das Verdampfen wird das Erhitzen verzögert und die Temperaturen verharren zunächst bei 100 °C, bevor die Festigkeit des Kalksandsteins zwischen 300 und 500 °C sogar noch einmal zunimmt. Ein wesentlicher Eingriff in die KS-Struktur erfolgt im Verlauf eines Feuers erst bei Temperaturen von mehr als 600 °C und damit deutlich später als etwa bei vielen Stahl- oder Holzkonstruktionen. Dabei fällt der Temperaturanstieg im Wandquerschnitt mit zunehmender Entfernung zur feuerzugewandten Seite deutlich geringer aus. Selbst nach mehrstündigen Bränden ist die Temperaturdämpfung durch Kalksandstein so hoch, dass auf der dem Brand abgewandten Seite Temperaturen von 100 °C kaum überschritten werden.

Diese Vorteile kamen auch dem Architekturbüro Kresings zugute, als sie für ihren Auftraggeber Jens Bormann Teile eines ehemaligen Industriegebäudes zum neuen Firmensitz seines Start-Ups MUUUH! Group umnutzten und aufstockten.

Grundlage für ein erfolgreiches Revitalisierungsprojekt
Den Ausgangspunkt lieferte eine über 100 Jahre alte Chemiefabrik, in der unter anderem Tischtennisbälle und Lenkergriffe für Fahrräder hergestellt worden waren. Während sich in der Nachbarschaft nach und nach ein Wohnquartier entwickelte, stand die unter Ensembleschutz stehende Anlage seit 2010 leer. Vom Potential überzeugt, kaufte Bormann gemeinsam mit dem Projektentwickler und Bauträger Elmar Grimm schließlich das Gelände, um es zu revitalisieren und zu erweitern. Den beiden Gesellschaftern der Hageloft GmbH schwebte vor, einen Teil in Eigentumswohnungen umzuwandeln und im zur Straße gelegenen Bereich Raum für die Arbeit zu schaffen.

Das Gebäude bestach durch den typischen Charme alter Industrieanlagen: gusseiserne Treppenhäuser, Stahlstützen und Unterzüge sowie großzügige Räume prägen das Bild der früheren Fabrik und sollten ebenso erhalten werden wie das Innenmauerwerk. Doch trotz dieses massiven Erscheinungsbilds waren der Zustand schlechter und die Tragfähigkeit des Industriegebäudes aus dem 19. Jahrhundert bei näherer Betrachtung geringer, als sie zunächst ausgewiesen wurde. Um das Gebäude trotzdem wie geplant nutzen zu können, ohne den offenen Charakter zu verlieren, entschieden sich die Verantwortlichen dazu, die notwendigen tragenden Innenwände mit Kalksandstein von KS-Original auszuführen. „Hier war die hohe Belastbarkeit im Zusammenspiel mit dem guten Brandschutz auschlaggebend“, erklärt Architekt Kilian Kresing. Seine sehr hohe Druckfestigkeit macht das Material besonders tragfähig und ermöglicht so schlanke und flächensparende Wandkonstruktionen. Und nicht zuletzt dank der Nichtbrennbarkeit des massiven Baustoffs hat auch die Osnabrücker Feuerwehr dem Umbauprojekt schließlich ihren Segen gegeben.

Goldene Zeiten
Das Ergebnis präsentiert sich nun als feinsinnige Ertüchtigung des Bestands, der allerdings durch spektakuläre Details ergänzt und erweitert wurde. Die wohl augenscheinlichste Neuerung findet sich direkt am Zugang zum Innenhof: Nach den Plänen des Münsteraner Büros wurde das ehemalige Pförtnerhäuschen um ein in den Straßenraum ragendes Geschoss erweitert, das mit seiner großen Fensterfront sowie einer goldfarbenen Kupfer-Aluminium-Verkleidung eine extrovertierte Geste zum Gehweg formuliert.

Ebenso golden präsentieren sich auch die weiteren Ergänzungen: Neben den Aufstockungen auf dem Dach verbindet eine Brücke die über dem alten Empfang entstandene Sporthalle mit dem Hauptgebäude, das sich mit einer neu geschaffenen Glasfassade zeigt. Kontrastiert wird die edle Hülle von einer dunklen Verklinkerung, die den ursprünglichen, in die Jahre gekommenen Backstein des eigentlichen Fabrikbaus ersetzt.

Im Gebäudeinneren ließen sich dank der neuen tragenden Wände großzügige Lofts mit eingestelltem Versorgungskern und fließenden Raumübergängen genauso realisieren wie eine abwechslungsreiche Arbeitslandschaft. Diese bietet neben offenen Bereichen und geschlossenen Büroräumen auch Platz für die ausgefallenen Ideen der neuen NutzerInnen: Vom Foyer aus führt eine goldene Rolltreppe in ein italienisch inspiriertes Café, im zweiten Geschoss entstand mithilfe von Panton-Stühlen und einer großzügigen Verwendung der Farbe Orange eine Disco im Stil der 70er-Jahre. „Und darüber findet sich als Ruhepol der skandinavische Bereich in einer Variation von Blautönen – alles natürlich Feng-Shui-konform“, erläutert Kresing die vielfältige und offene Raumgestaltung.