GRAPHISOFT

Praxisbericht: OPEN BIM funktioniert

BIM basierte Mengen- & Kostenermittlung

Architektur ist ein interdisziplinärer Prozess. Viele Planungsbeteiligte müssen möglichst reibungslos zusammenarbeiten. Deshalb gibt es OPEN BIM: ein einheitliches, offenes Dateiformat – für einen softwareunabhängigen Datenaustausch.

Mit dem Projekt zur „BIM basierten Mengen- und Kostenermittlung“ zeigt GRAPHISOFT, dass OPEN BIM funktioniert.

Die Durchgängigkeit im digitalen Planungsprozess ist entscheidend für den Nutzen von BIM für den Architekten, die Fachplaner und den Bauherrn. Voraussetzung für eine optimale Mengen- und Kostenermittlung ist die korrekte Übergabe der Daten in ein BIM-fähiges AVA-Programm. Doch ist der Standard in einigen Büros noch das Messen der Flächen und das Ziehen der Massen aus dem ausgedruckten Plan mit Dreikantmaßstab und Taschenrechner. Diese Methode ist ungenau und nicht mehr zeitgemäß.

Der erste Schritt zur Mengen- und Kostenberechnung ist die Übernahme der Modelldaten aus der BIM Software wie z. B. ARCHICAD in ein AVA-Programm. Dieser Schritt erscheint logisch, dennoch stehen zahlreiche Fragen im Raum:

  • Ist es möglich, aus dem Gebäudemodell sowohl Pläne als auch Mengen zu generieren?
  • Was muss modelliert werden und was ist nicht nötig für die Mengenermittlung?
  • Wie sollten die Anschlusspunkte modelliert werden?
  • Sind alle benötigten Werte im Modell enthalten?
  • Kann man den Ergebnissen aus der modellbasierten Berechnung wirklich trauen?

Um zu belegen und zu dokumentieren, wie das Modell aus der BIM-Software am besten zur Mengen- und Kostenberechnung herangezogen werden kann, hat GRAPHISOFT mit mehreren AVA-Softwareanbietern einen umfangreichen Test durchgeführt. Das Ziel war, das ARCHICAD-BIM-Modell sowohl für die Erstellung der Pläne, als auch zur Mengenberechnung zu nutzen.

Der Testaufbau

Die Vorgehensweise von GRAPHISOFT war relativ einfach. Um vergleichbar zu sein, wurden mehrere Gewerke einer Beispielplanung betrachtet. Dies waren:

  • Rohbau
  • Türen und Fenster
  • Estrich und Bodenbeläge
  • Gipskartonarbeiten (Trockenbaugewerk)

Als Referenz diente die konventionelle Massenberechnung per Hand, die in ARCHICAD ausgemessen wurden. Im zweiten Schritt wurden alle Mengen in ARCHICAD direkt mit der Interaktiven Auswertung berechnet. Der dritte Schritt bestand aus der Berechnung der Werte wie Länge, Breite, Höhe oder Volumen in der Software Solibri, nachdem das Modell mittels IFC aus ARCHICAD übergeben wurde. Solibri berechnet diese Werte zum großen Teil eigenständig aus den Geometrien. Im vierten und letzten Schritt wurde das Modell in die AVA-Software übertragen, dort ausgewertet und mit diesen Werten verglichen.

Für den Test wurden vier Programme und Firmen herangezogen:

  • Bechmann BIM von Bechmann GmbH (Datenübergabe per IFC)
  • BIM4YOU von BRZ (Datenübergabe per IFC)
  • pro von G&W Software (Datenübergabe per IFC)
  • Nevaris BIM (Einbindung mit direkter ARCHICAD Schnittstelle)

Überzeugende Ergebnisse

Für die Mengen- und Kostenermittlung aus dem BIM-Modell ist es notwendig, dass das Modell bestimmten Richtlinien folgt, die sowohl die korrekte Darstellung liefern als auch brauchbare Mengen ergeben. Daher hat GRAPHISOFT Modellierungsregeln (basierend aktuell auf der Version ARCHICAD 21) entwickelt, die beides sicherstellen. Zudem deckt sich die Modellierung mit den Anforderungen aus der VDI Richtlinie 2552 Blatt 3. Diese Modellierungsrichtlinie erläutert, mit welchen Werkzeugen und Klassifizierungen die einzelnen Bauteile und Detailpunkte zu modellieren sind, um ein Modell zu erhalten, das in den anderen Programmen weiterverwendet werden kann.

Der Vergleich der vier AVA-Softwarelösungen brachte in allen Fällen sehr gute Ergebnisse. Bei der IFC-Übergabe nutzen einige Programme die im IFC-Modell hinterlegten „Base Quantities“ (Grundlegende Mengen). Diese errechnen sich grundsätzlich aus einer gedachten Ebene in der Mitte eines Bauteils. Einige Programme errechnen selbst aus der Geometrie die Mengen, NEVARIS setzt auf eine eigenständig erstellte Übergabe. Das heißt, dass das Programm hierfür nicht IFC nutzt, sondern über ein Add-on aus ARCHICAD die Daten direkt übergeben werden. Es kam bei allen vier Softwarelösungen im Test größtenteils zur exakten Übereinstimmung bzw. zu nur geringfügigen Abweichungen zur manuellen Methode. Die meisten Positionen entsprachen genau dem händisch ermittelten Wert.

Hieraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die händische Methode mit ausgedruckten Plänen und Dreikantmaßstab weiterhin „state of the art“ ist, wäre jedoch falsch. Für den Test war der grundsätzliche Aufwand zur Berechnung sehr hoch. So wurden alle Werte mehrfach kontrolliert und verglichen, um etwaige Rechenfehler von vornherein auszuschließen. Das erforderte viel Arbeit, die für eine klassische Mengenermittlung im Alltag nicht aufgewendet wird. Für den Test und belastbare Ergebnisse war dies jedoch nötig.

Verlässliche Produkte mit geringer Abweichung

Die Abweichungen zur manuellen Berechnung lagen zusammengefasst zwischen minimalen 0,05% und 0,85%. Das ist ein hervorragendes Ergebnis – zeigt es doch, dass unabhängig von der Methodik und den Anbietern alle getesteten Softwarelösungen verlässliche Ergebnisse liefern.

ARCHICAD weiter optimieren

Aus dieser fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen GRAPHISOFT und den vier Programmherstellern ergaben sich mehrere Anforderungen für die ARCHICAD Entwicklung. So sind ab der kommenden ARCHICAD Version die Base Quantities/Grundlegende Mengen in den einzelnen Schichten von mehrschichtigen Bauteilen hinterlegt – und nicht nur im gesamten Bauteil.